“Die Grenzen meiner Sprache sind die Grenzen meiner Welt.” (Ludwig Wittgenstein)
In der Sprachschule war es für mich nicht so schlimm, wie viele Leute vorhergesagt hatten. Die Grundfragen waren in drei oder vier Wörtern zu stellen und zu beantworten: Wie heißt du? Woher kommst du? Was studierst du? Was machst du?
Offenbar sind wir von der Gefahr des Lebens in der Schule geschützt. Die Grammatik und die Ausnahmen betäuben die Angst, ausgeschlossen zu werden, da sie für alle Schwierigkeiten des neues Lebens verantwortlich sind.
Auf der Straße merkt man, dass die neue Sprache entweder eine dicke Mauer zwischen Menschen oder ein neuer Anfang werden kann. Beides ist nicht leicht: Einerseits kann man einsam werden, andererseits muss man die Angst überwinden, Fehler zu machen. Wir sagen, dass wir etwas Neues lernen möchten, oder dass wir etwas ändern möchten, allerdings wenn die Zeit kommt, etwas zu verändern, haben wir verschiedene Ausreden, nicht fortzufahren. Häufig frage ich mich, ob ein Erwachsener mehr Angst hat, Fehler zu machen als zu sterben.
“Das Leben ist einfach”. Das ist leichter gesagt als getan. Die Unannehmlichkeit fängt mit der Bewegung an, denn man muss den inneren Schweinehund überwinden. Man will in die Bäckerei, ins Kino, einkaufen gehen und so weiter. Die Sprachschule hilft einem die erste Brücke für die Bewegung des Ausländers zu bauen. Dadurch verhungert man nicht, man kann Einkaufen gehen und irgendwo hinreisen, es gibt jedoch immer etwas Unvorhergesehenes.
Nach ein paar Unterrichtsstunden ging ich allein essen. Verhungern werde ich nicht, sagte ich stolz.
“Entschuldigung. Ich möchte ein Kebab”, bestellte ich.
“Sofort oder zum Mitnehmen?”, fragte der Verkäufer schnell.
“Wie bitte?”, fragte ich den Verkäufer, der noch einmal knapp antwortete. “Sofort”, sagte ich aufgeregt und unsicher. Der Verkäufer brachte das Kebab und ich fragte ihn, ob ich eine Tüte haben könnte.
“Ach so. Eigentlich zum Mitnehmen.”
“Und das Wort ist Fleisch geworden”. Obwohl ich kein religiöser Mensch bin, muss ich sagen, dass dieses Zitat aus der Bibel nun für mich mehr Sinn macht als zuvor. Wenn ein Mensch eine neue Sprache lernt, sucht er überall Sinn, auch in Peinlichkeiten, besonders im Nachhinein und vorzugsweise mit Anderen; ich passe fast immer in die Rubrik “die Anderen”. Ein Lehrling der Sprache muss sich viel Mühe geben. Jeden Tag gibt es ein neues Wort zu entdecken, oder ein peinliches Missverständnis.
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